Wir leben …
in einer Zeit, in der wir stundenlang offen über unsere Gefühle sprechen können,
in einer Zeit, in der wir uns gegenseitig zuhören, analysieren, verstehen,
in einer Zeit, in der wir rund um die Uhr im Kontakt sind – schreibend, teilend, reagierend,
in einer Zeit, in der wir emotionale Intimität durch digitale Öffentlichkeit erzeugen,
in einer Zeit, in der wir Heilung zu einem Lebensstil gemacht haben und Verletzlichkeit zu einem Trend.
Wir zeigen uns, wir erzählen, wir reflektieren.
Und doch bleibt da etwas Unberührtes, etwas, dass sicher verwahrt ist und nicht ganz erreicht wird.
All dies gibt uns das Gefühl, verbunden zu sein – sicher, bewusst, reif.
Doch tief in uns wissen wir: Wir halten die Zügel fest in der Hand.
Wir wagen Offenheit, aber nur solange sie sicher bleibt.
Aber ist das Nähe?
Ist das echtes, rohes, ungesichteres, zittriges Menschsein, nach dem wir uns so sehen?
Was wenn diese Art der Nähe genau dort liegt, wo unsere Unsicherheit beginnt?
Es gibt Momente, da spüre ich das dringende Bedürfnis, meine tiefsten Gedanken und Gefühle mit anderen zu teilen.
Ich möchte erzählen, was mich verletzt hat, welchen Schmerz ich in mir trage, was mich beschäftigt, welche Erkenntnisse ich in meinem Prozess gewonnen habe.
Doch wenn ich ehrlich in mich hineinhöre, merke ich, dass ich damit etwas bezwecke.
Ich will gesehen werden.
Ich will anerkannt werden.
Ich will nicht allein sein mit meinen Gedanken – sondern angenommen werden, genau so, wie ich bin.
Mein Mitteilen dient einem Zweck.
Ich erwarte eine Reaktion.
Ich stelle unbewusst Bedingungen.
Dann gibt es Momente, in denen ich meinen Partner fest in den Arm nehme, ihn beruhige, verständnisvoll bin, tröstend.
Ich will Halt schenken – und tue es doch eigentlich, um Halt zu bekommen.
Denn seine Wut, seine Aufregung, seine Angst erzeugen in mir eine Unsicherheit, die ich kaum aushalten kann.
Also beruhige ich ihn, damit ich mich wieder sicher fühlen und die Kontrolle über die Situation erlangen kann.
Und es gibt Momente, in denen ich die Menschen die mir nahe stehen, immer wieder auffordere sich zu öffnen.
Ich möchte alles wissen, verstehen, gemeinsam in die tiefsten Abgründe schauen und sie analysieren – glaube so einen Raum für Tiefe und Bewusstheit zu schaffen.
Doch wenn ich ganz ehrlich mit mir bin, möchte ich sie formen und manipulieren:
dass sie so bewusst, so reflektiert, so kontrolliert werden, wie ich es gelernt habe zu sein.
All das sieht aus wie Nähe.
Wie Verbundenheit.
Doch in Wahrheit ist es ein feines Netz aus Strategien.
Wir schaffen Verbindung, um Kontrolle zu behalten.
Wir öffnen uns, um die Reaktion des anderen zu steuern.
Wir sprechen über alles, um die Macht zu behalten.
Nicht aus Bosheit, sondern aus Angst.
Weil Macht und Kontrolle sich in diesen Momenten anfühlen wie Sicherheit.
So wird Nähe zu einer Bühne,
auf der wir um Sicherheit spielen –
nicht um echte Begegnung.
Und dann gibt es Momente, in denen ich mich meinem Partner zeige – mit allem was da ist.
Auch mit dem, wofür ich mich schäme,mit dem, was ich an mir selbst verurteile.
Doch ich halte mich selbst, ich bleibe in mir stabil.
Und erwarte nichts –
keine Reaktion, keine Sicherheit, kein Bleiben oder Halten.
Wir begegnen uns auf Augenhöhe, so dass auch er sich zeigen darf –
mit allem,was ihn ausmacht.
Und dann gibt es Momente, in denen ich mich furchtbar verletzt fühle –
und trotzdem den Mut finde, mein Herz wieder zu öffnen.
Mich in meinem Schmerz zu zeigen, egal was da kommen mag.
Ich bleibe stabil, auch im Sturm.
Ich bin für mich da.
Und dann gibt es Momente der Krise, der Ausweglosigkeit, des gemeinsamen Schmerzes –
und wir bleiben präsent und strecken bewusst die Hand nacheinander aus.
Anstatt uns verletzt voneinander ab zu wenden.
Und es gibt Momente, in denen ich meine Wahrheit spreche –
ehrlich, offen, mit klopfendem Herzen.
Ohne Vorwurf,
ohne Trotz,
ohne Forderung
Und dann ist da dieser Moment.
Meine Stimme zittert, mein Herzschlag dröhnt in meinen Ohren, meine Hände schwitzen, meine Brust zieht sich schmerzhaft zusammen, mein Atem kommt flach, Tränen laufen mir die Wange hinab.
Doch ich atme bewusst tief ein, sammle mich innerlich, gebe mir selbst Sicherheit und Halt.
Ich hebe den Blick – und begegne Augen so tief wie der Ozean.
Diese Augen ruhen auf mir. Offen. Geduldig. Still.
Und ich halte den Blick. Offen. Stabil. Gefestigt.
Ich spreche die Worte, die mir als dicker Kloß im Halse stecken.
Und während ich sie ausspreche, fühle ich die Unsicherheit im Körper,
fühle, wie ich die Kontrolle verliere – nicht weiß, was kommt.
Aber eins weiß ich: egal Was – jede Regung, jede Emotion ist willkommen.
Alles darf da sein, alles darf seine Geschichte erzählen.
Und das ist der Moment.
Ich stehe stabil im Sturm und blicke zu dir hinüber.
Und ich sehe dich, stabil in deinem Sturm.
Und dort begegnen wir uns plötzlich:
roh, verletzlich, lebendig, zittrig, echt.
Egal, was danach geschieht – diese Begegnung bleibt.
Dieses gemeinsame Stehen im Sturm, dieses gegenseitige Sehen.
Für einen Augenblick waren wir einfach da.
Gemeinsam.
Und das kann uns keiner mehr nehmen.
Vielleicht ist Nähe nichts, das wir aktiv machen können.
Vielleicht geschieht sie einfach –
in den Momenten, in denen wir nicht fliehen,
nicht kontrollieren, nicht wissen was kommt.
Wenn wir den Mut haben, zu bleiben,
mit klopfendem Herzen, zitternden Händen, offenem Blick.
Wenn wir uns selbst halten, während das Leben durch uns hindurchzieht.
Wenn wir dem anderen erlauben, er selbst zu sein –
und uns selbst erlauben, berührt zu werden.
Dann entsteht etwas, das sich nicht festhalten lässt.
Ein Atemzug, eine Schwingung, ein Innehalten.
Ein leises Erkennen:
Wir waren beide da.
Und vielleicht ist das alles,
was Nähe wirklich will.
Wenn du dich in diesen Zeilen wieder gefunden hast,
wenn du auch diese Sehnsucht spürst,
wenn etwas mit dir in Resonanz gegangen ist –
dann könnte der nächste Schritt vielleich ein gemeinsamer sein
Vielleicht ist jetzt der Moment. in dem du deinem Herzen ein Stück näher kommen willst.
In dem du spüren möchtest, wie sich echte Nähe anfühlt.
Hier kannst du in die gemeinsame Arbeit mit mir eintauchen.