Ich möchte dich heute mitnehmen auf eine Reise durch meine Angst und dir erzählen, wie ich dabei einem sehr starken inneren Anteil begegnet bin und endlich eine Konditionierung auflösen konnte, die mich über 20 Jahre geprägt hat.
Alles begann mit der Fragestellung:
Wo in meinem Leben lasse ich mich von einer Angst bestimmen? Wo handle ich aus Angst heraus, in dem Bestreben, etwas Bestimmtes zu verhindern?
Als ich diese Frage wirklich an mich heranließ, blitzte ein Gedanke in mir auf. Eine Angst, die ich schon immer mit mir herumtrage. Und zwar ist das die Angst, von meinem Partner „erwischt“ zu werden.
Erwischt wobei? Im Grunde: beim Betrügen und Lügen.
Denn seit ich in Beziehungen bin (also seit Teenagerzeiten), habe ich ein Verhalten an den Tag gelegt, bei dem ich mir außerhalb der Beziehung eine andere Person gesucht habe, die ich interessant und anziehend fand. Das konnte eine Schwärmerei sein, eine Verknalltheit. Es konnte aber auch ein Flirt sein, eine emotionale Bindung, Sexting – oder im schlimmsten Fall eine körperliche Beziehung. Angefangen bei Berührungen bis hin zu Küssen oder, in sehr seltenen Fällen, auch Sex.
Das begleitet mich seit über zwanzig Jahren. Und gleichzeitig auch nicht.
Denn dieser Teil von mir war so gefährlich und verabscheuungswürdig, dass ich ihn immer von mir ferngehalten habe. Ich habe mich davon distanziert. Ich habe darüber nachgedacht, als wäre es jemand anderes, dem diese Dinge nun mal passieren und habe damit jegliche Verantwortung von mir gewiesen.
Niemals hätte ich mich hinstellen können und sagen: Ja, das bin ich. Und ja, das habe ich getan.
Und nun ist da diese Frage nach der Angst in meinem Leben – und all diese Gedanken.
Mir wird sofort übel, ich werde zittrig, mein Herz rast und meine Brust wird eng.
Und gleichzeitig habe Ich noch den Satz im Ohr:
Da, wo die Angst ist, ist das grüne Licht.
Da führt der Weg entlang, denn dahinter befindet sich Wachstum.
Ich saß also da, am Rande eines emotionalen Zusammenbruchs, und wusste gleichzeitig: Ich bin nicht meine Angst. Die Angst ist lediglich ein Gefühl. Und sie will mir etwas sagen.
Ich habe die Kraft, diese aufkommenden Gefühle da sein zu lassen. Sie dürfen mich begleiten und gefühlt werden – weil ich in mir die Sicherheit trage, dass nichts Schlimmes passieren kann, dass ich diesen Prozess überlebe und dass ich geliebt werde.
Also versuchte ich, die Angst einzuladen, und schlug mich zwei Tage mit dem Prozess herum.
Ein Tauziehen – zwischen meinem Widerstand gegen die Angst und dem Eingeständnis, dass ich diese Person bin.
Es fühlte sich unglaublich gefährlich an, diesem Teil von mir zu begegnen.
Aber ich habe auch gelernt zu fragen: Wozu? Wozu diente mir dieses Verhalten bisher?
Und so gelang es mir endlich, diesen Anteil in mir zu sehen. Und damit meine ich: ihn wirklich vor mir zu sehen.
Da stand nun ein junges Mädchen – mit trotziger Haltung und einer wichtigen Aufgabe.
Behutsam bat ich sie, mir zu erklären, wieso es für sie so wichtig ist, sich immer eine emotionale Bezugsperson außerhalb der Beziehung zu suchen.
Dieses Teenager-Mädchen war unglaublich wütend und zischte mir entgegen, dass nur so gewährleistet sei, dass ich emotional versorgt bleibe – auch dann, wenn mich mein Partner verlässt.
Sie sieht sich als meine Beschützerin und sorgt dafür, dass es in meinem Leben immer ein Rettungsnetz gibt. Und sie ist wütend über die viele Arbeit, die sie da hineinsteckt – und über meinen permanenten Widerstand und meine Ablehnung ihr gegenüber.
Und endlich konnte ich sie klar erkennen. Ich konnte in dem Moment all das fühlen:
Ihre große Aufgabe, die Überforderung, die Wut darüber, immer verleugnet zu werden, die damit verbundene Anstrengung.
Und das teilte ich ihr mit. Ich zeigte ihr, dass ich sie sehen kann, und dankte ihr von ganzem Herzen für ihren Beistand all die Jahre.
Gleichzeitig konnte ich ihr versichern: Ihre Arbeit ist nicht mehr nötig. Denn jetzt bin ich da – als erwachsene Karo.
Ich weiß, dass ich geliebt werde. Ich habe Vertrauen in meine Beziehung und in unsere Verbindung.
Und ich weiß auch: Ich bin jetzt an dem Punkt, wo ich die Kraft habe zu überleben, falls ich verlassen werde.
Nach dieser inneren Reise zu mir selbst wird mir noch einmal so vieles mehr klar über mich und mein Verhalten.
Ich erkenne, dass ich durch dieses Muster immer eine gewisse Distanz zu meinen Partnern kreiert habe – und ihnen stets mit Misstrauen und der Erwartung begegnet bin, verlassen zu werden.
Ich sehe, was ich ihnen damit angetan habe, dass ich sie permanent in Konkurrenz zu einer anderen Person gesetzt habe.
Und ich kann sehen, wie ich sie damit unter Druck gesetzt und zu meinen Gunsten manipuliert habe.
Sich das alles einzugestehen, tut richtig weh und bringt viel Scham mit sich.
Aber jetzt kann ich sagen: Ja, ich war diese Person.
Und ich konnte es zu dem damaligen Zeitpunkt nicht besser –
weil mich die pure Existenzangst angetrieben hat,
weil ich nicht die emotionale Reife für eine ehrliche Beziehung auf Augenhöhe hatte,
weil ich noch nicht diesen Blick auf meine Konditionierungen und Glaubenssätze hatte,
weil mein System permanent in Angst gelebt und ich nicht wusste wie ich mich regulieren kann.
Und nun – nach diesem schmerzvollen, langen Weg voller Angst, voller Lügen und Betrügen, mit einem Ende aus Annahme, Erkenntnis, Anerkennung und Liebe – kann ich diesen Teil liebevoll hinter mir lassen, um in Zukunft noch tiefere, ehrlichere Verbindungen auf Augenhöhe einzugehen.
Denn genau das ist Wachstum.
Wir alle haben Verhaltensweisen in uns, die wir nicht sehen wollen, die wir vielleicht sogar verachten und ablehnen.
Und oft betrachten wir sie als Schwäche, als Makel oder als Fehlverhalten.
Aber hinter jeder Handlung steht ein Bestreben, ein unerfülltes Bedürfnis – eine Angst. (Dazu kannst du hier einen älteren Artikel von mir lesen)
Und wenn wir den Mut haben, genau hinzusehen, uns diesen Anteilen zu stellen und ihnen liebevoll und offen zu begegnen, dann haben wir die Chance, uns selbst echt und wahrhaftig kennenzulernen.
Wenn du spürst, dass in dir der Wunsch wächst, deine eigenen Schutzmechanismen liebevoll zu erkennen und aufzulösen, dann begleite ich dich gerne auf diesem Weg.
In einem geschützten Raum, mit Achtsamkeit und Mitgefühl, halte ich dir als Coachin den Raum für deine Entfaltung.
Schreib mir gern – ich freue mich darauf, dich ein Stück auf deinem Weg zu begleiten. 🧡